Positionspapier der LAG JSA: Bundeshaushaltsplanung gefährdet Infrastruktur für junge Menschen am Übergang Schule-Beruf
Laut ersten Medienberichten soll das Budget für die Jobcentren in Deutschland um insgesamt 2,6 Mrd. € gekürzt werden. Wegen der Deckungsfähigkeit der Verwaltungs- und Eingliederungsetats ist zu befürchten, dass weitere Mittel vom Eingliederungs- in den Verwaltungsetat umgeschichtet werden. Im Jahr 2023 betrug der reale Verwaltungsetat bei den ge-
meinsamen Einrichtungen 8,7% mehr als im Planungsansatz, was durch Umschichtung zulasten des Eingliederungsetat realisiert werden konnte.
Wir befürchten als Folge, dass weniger Teilnahmeplätze in Orientierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen eingekauft oder Angebote gänzlich gestrichen werden. Entsprechend würden für junge Menschen im Bürgergeld-Bezug weniger Unterstützungsmaßnahmen zur Verfügung stehen und sich letztlich die Risiken der verstetigten Langzeitarbeitslosigkeit und Armut verhärten.
Junge Menschen sind heutzutage durch multiple Krisen betroffen und geprägt, die Entwicklung von Selbstsicherheit sowie einer positiven Zukunftsvision stellen in unsicheren Zeiten Herausforderungen dar. Die Entscheidungen, die ein junger Mensch zu treffen hat, können sie bei der Wahl von passgenauen Angeboten und im Erleben gesellschaftlicher Widersprüche ebenso überfordern. Junge Menschen im Bürgergeld-Bezug blicken häufig auf andere Startchancen im Leben zurück – ihre familiären und sozio-ökonomischen Verhältnisse begrenzen ihre Möglichkeit auf Teilhabe. Die daraus bei einigen jungen Menschen resultierenden Folgen sind z.B. Sozialphobien, Wohnungslosigkeit, Abhängigkeitserkrankungen und Überschuldungen. Dies führt in vielen Fällen bereits bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu einem Bruch im Lebenslauf.
Die Bundesländer haben verschiedene Programme im Angebot, die dieser Entwicklung entgegenwirken. In Niedersachsen gibt es seit über 45 Jahren das Erfolgsmodell der Jugendwerkstätten, in denen sozialpädagogische Hilfen der Jugendhilfe mit Angeboten zur beruflichen Teilhabe der Jobcenter verbunden werden. Zurzeit gibt es 91 Jugendwerkstätten mit jeweils mindestens 16 Teilnahmeplätzen, die überwiegend mit einer Aktivierungsmaßnahme des Jobcenters sowie Mitteln des ESF und des Landes Niedersachsen kombiniert werden.
Die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit beinhaltet eine ganzheitliche Förderung, deren Finanzierung über die Jugendhilfe und über die Jobcentren unentbehrlich ist. Jugendwerkstätten halten ein niedrigschwelliges Angebot vor, um sozial- und bildungsbenachteiligte junge Menschen zu erreichen und sie passgenau und nachhaltig auf ihrem Weg zu einem selbstbestimmten (beruflichen) Leben zu begleiten. Sie sind in der Regel eine erste Anlaufstelle für die jungen Menschen, welche bis dato von anderen Angeboten nicht erreicht werden konnten und durch verschiedene Problemlagen noch keine Perspektive auf dem Weg in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt entwickeln konnten.
Jugendwerkstätten bieten den jungen Menschen einen Ort der Gemeinschaft, an dem das Miteinander gelernt und Wertschätzung erfahren werden kann. Sie beinhalten eine tägliche verlässliche Routine, um gemeinsam Rituale zu gestalten und sich in den Praxisbereichen zu erproben, wodurch aktiv die die Entwicklung einer Tagesstruktur unterstützt und erlernt wird.
Durch die Kombination individueller Hilfen, wie Beratung und Förderplanung sowie gruppenbezogener Hilfen, wie berufliche Orientierung und praktische Qualifizierung, leisten die Jugendwerkstätten einen wesentlichen Beitrag zur sozialen und beruflichen Teilhabe junger Menschen.
Damit junge Menschen trotz verschiedener Startbedingungen gleichberechtigte Teilhabe faktisch erfahren können, ist eine auskömmliche und verlässliche Finanzierung der Angebote in den Jugendwerkstätten unbedingt erforderlich. Mit Blick auf das Haushaltsjahr 2025 sind wir in großer Sorge, dass die Auskömmlichkeit und Verlässlichkeit durch die geplanten Mittelkürzungen nicht gewährleistet sind.
Als LAG JSA appellieren wir mit Nachdruck an die politischen Verantwortlichen, die notwendigen Ressourcen weiterhin zur Verfügung zu stellen. Die Förderung junger Menschen darf im Haushaltsverfahren nicht aus dem Blick geraten, sondern sollte als Beitrag zum sozialen Frieden und zur Absicherung unserer demokratischen Ordnung beachtet und gewürdigt werden.